Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik
Société Suisse de Radiobiologie et de Physique Médicale
Società Svizzera di Radiobiologia e di Fisica Medica
Swiss Society of Radiobiology and Medical Physics

Bulletin 1/97 (April 1997)

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Medizinphysik in der Laserchirurgie

Als Grundlage für den folgenden Bericht dient meine Tätigkeit in der Abteilung Laserforschung des Instituts für angewandte Physik der Universität Bern (Abt. Prof. Dr. H. P. Weber). Die Arbeitsgruppe Laserchirurgie ist ein Team von 6-8 Personen, bestehend aus Physikern, Aerzten (Gynäkologen, Augenärzte, HNO-Aerzte etc), Biologen, Pathologen und Technikern. Der Hauptarbeitsbereich des Medizinphysikers in der Laserchirurgie liegt in der Grundlagenforschung zur Laser-Gewebe-Wechselwirkung und der Entwicklung laserchirurgischer Komponenten sowie - daraus resultierend - neuer Operationstechniken. Da sich die Fragestellungen sehr fachübergreifend gestalten, spielt eine enge Zusammenarbeit mit dem späteren Anwender - dem Arzt - eine wichtige Rolle.

Routinemässig werden in der Laserchirurgie Argon-, CO2- (Gaslaser) sowie Neodymium-YAG-Laser (Festkörperlaser) eingesetzt. Hingegen befinden sich Halbleiterlaser, Farbstofflaser und vor allem Excimerlaser noch grösstenteils in der klinischen Evaluationsphase. Ich habe mich bisher ausschliesslich mit Lasern beschäftigt, die im Infraroten emittieren; hier ist insbesondere der Kohlendioxid-Laser (l = 10.6 mm) hervorzuheben, der in der Laserchirurgie aufgrund seines hohen Leistungspotentials sehr weit verbreitet ist.

Bisher gab es keine optischen Fasern, die Infrarot-Laserstrahlung auf befriedigende Weise transportieren können und dabei nicht toxisch auf die angrenzenden Gewebe wirken sowie nicht brüchig sind. Somit waren bisher die Anwendungen auf externe Behandlungen oder auf Einsätze mit steifen und kurzen Endoskopen in Verbindung mit recht unhandlichen Spiegelarmen beschränkt. Ein Ziel unserer Forschungsgruppe war daher, ein leistungsfähiges Transportsystem für 10mm-CO2-Laserstrahlung zu entwickeln.

In Kooperation mit einer Forschungsgruppe an der Universität in Tel Aviv/Israel bestand meine Aufgabe hauptsächlich darin, auf der Basis von innen speziell beschichteten TEFLONÒ-Hohlleitern die optimalen Parameter bezüglich Beschichtungsaufbau, Hohlleiter-Geometrie, -länge und -durchmesser zu finden, die einen möglichst verlustarmen und zuverlässigen Strahlungstransport ermöglichen. Neben den Aspekten einer ausreichenden mechanischen Belastbarkeit (Biegen, Ziehen, etc.) waren vor allem die Parameter Transmissionsverluste, Strahlqualität, Divergenz und maximale Leistungsdichte bzw. Standfestigkeit von besonderer Bedeutung. Mithilfe selbstentwickelter Messaparaturen mussten diese Parameter untersucht und anschliessend die Hohlleitergeometrie entsprechend angepasst werden. Besonderer Augenmerk musste dabei auf die Strahlprofile gelegt werden, um die Gefahr sogenannter Hotspots, d.h. lokaler Ueberhitzungen, besser abschätzen zu können. Hierfür wurde in unserer Arbeitgruppe eine spezielle Technik entwickelt, mit der auf der Basis hochaufgelöster Fluoreszenzmikroskopie dreidimensionale Strahlprofile gemessen werden können.

Nach diesen sehr grundlegenden Studien im Labor folgten dann die ersten praktischen laserchirurgischen Anwendungen; in einer ersten Phase an Gewebsmodellen, und nach in-vitro-Studien an Tiergewebsproben (und teilweise auch humanem Gewebe), in der letzten Phase am Patienten. Als gewebeäquivalente Modellsubstanz findet hierbei Agarose-Gel (mit einem Wassergehalt zwischen 60 und 90%, je nach zu simulierender Gewebeart) Verwendung. Die ersten Wechselwirkungsuntersuchungen wurden mit sehr stabil laufenden Industrielasern durchgeführt. Hochgeschwindigkeitsbilderserien dienten hierbei der besseren Beurteilung der Abtragungseffizienz; zudem lassen sich anhand solcher Aufnahmen die optimalen Flussparameter für das Spülgas (CO2 oder N) bestimmen, durch das der Hohlleiter gekühlt wird und zudem Verschmutzungen vermieden werden sollen.

Vor der eigentlichen Anwendung am Patienten in der Klinik standen nun noch die in-vitro-Versuche an frisch entnommenem Tiergewebe. Nach den unter OP-Bedingungen durchgeführten laserchirurgischen Eingriffen (Vaporisation, Koagulation oder Schneiden) mussten die Proben entsprechend histologisch aufgearbeitet werden (in Kooperation mit dem Pathologischen Institut Bern). Die anschliessende mikroskopische Auswertung und die notwendige Statistik waren dann wieder Aufgaben der Medizinphysiker.

Momentan stehen wir mit unserem Projekt unmittelbar vor der klinischen Anwendung; bis dahin werden noch ein paar Verfeinerungen an der Einkopplungsoptik und an der Hohlleitergeometrie vorgenommen, um die Transmissionseigenschaften und die Strahlhomogenität zu verbessern.

Abschliessend hier noch eine kurze Auflistung der Arbeitsgruppen in der Schweiz, die nach meinem Kenntnisstand (ohne Garantie auf Vollständigkeit) zur Zeit auf dem Gebiet der Laserchirurgie Forschung betreiben: Fr. Prof.Dr. F. Marquis, LOA, EPF Lausanne; Dr. M. Frenz, IAP, Univ. Bern; Dr. P. Rol, IBT, ETH Zürich; daneben existiert eine eher kleine Gruppe bestehend aus Dr. S. Spörri, Kant. Frauenspital Bern, Prof.Dr. H.J. Altermatt, Patholog. Inst., Univ. Bern, Prof.Dr. N. Croitoru, Univ. Tel Aviv und mir.

Zur Vereinfachung wurde nur die Berufsbezeichnung Medizinphysiker verwendet; selbstverständlich sind hiermit auch Medizinphysikerinnen gemeint.

Peter Cossmann (St.Gallen)

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