Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik
Société Suisse de Radiobiologie et de Physique Médicale
Società Svizzera di Radiobiologia e di Fisica Medica
Swiss Society of Radiobiology and Medical Physics

Hanns Langendorff (08.11.1901 - 10.01.1974)
Ehrenmitglieder der SGSMP

Sprachauswahl / Choix des Langues / Lingua Scelta / Language Selection

 

Plötzlich und für alle unerwartet wurde Hanns Langendorff am 10. Januar 1974 aus einem arbeitsreichen Leben gerissen. Damit verliert die Strahlenbiologie einen ihrer grossen und international angesehenen Vertreter. Vor kurzem wurden an dieser Stelle anlässlich seines 70. Geburtstags, am 8. November 1971, der Werdegang und die Verdienste von Hanns Langendorff gewürdigt.

Es ist unmöglich, aus der Fülle von mehr als 250 wissenschaftlichen Arbeiten eine kurze Übersicht über die Themen zu geben, die Hanns Langendorff in über vierzigjähriger Tätigkeit auf dem Gebiet der theoretischen Radiologie bearbeitet hat. Die besondere Leistung seines Lebenswerks liegt wohl darin, dass er die Strahlenbiologie immer in ihrer ganzen Breite gesehen und betrieben hat. Die Untersuchungen wurden auf den verschiedensten Stufen der biologischen Organisation vom Eiweissmolekül bis zum Säugetierorganismus und vom Primärereignis der Absorption im molekularen Bereich bis zum Spätschaden durchgeführt. Entsprechend der damit verbundenen Aufgabenstellung kam der Kreis der Mitarbeiter, die seine Förderung erfuhren, aus den verschiedensten Fachdisziplinen. So entstand eine vielfältige Zusammenarbeit mit Physikern, Chemikern, Biologen und Medizinern. Das Interesse für eine interdisziplinäre Forschungsarbeit wurde geprägt, als Hanns Langendorff im Jahre 1929 Mitarbeiter des Physikers Richard Glocker sowie des Chirurgen und Radiologen Otto Jüngling am Katharinenhospital in Stuttgart wurde. Hier bestand ein Forschungslaboratorium, in dem Fragen über die Wirkungen ionisierender Strahlen auf eine Vielfalt biologischer Objekte bearbeitet wurden.

Der Tätigkeit in Stuttgart war ein Biologie-Studium in Jena vorausgegangen, wo er auch eine Assistentenstelle bei dem Botaniker und Genetiker Otto Renner erhielt. Ein zunächst begonnenes Studium der Ingenieurswissenschaften macht es vielleicht verständlich, warum Hanns Langendorff allen technischen Problemen auf seinem Fachgebiet nicht nur aufgeschlossen gegenüberstand, sondern diese Entwicklungen auch stets gefördert hat.

Nach seiner Habilitation für das Fach Radiologie an der Technischen Hochschule Stuttgart wurde Hanns Langendorff auf Empfehlung von Ludwig Aschoff die Leitung des Radiologischen Instituts an der Universität Freiburg übertragen. An diesem Institut spielte sich hauptsächlich das weitere wissenschaftliche Leben von Hanns Langendorff ab. Im Jahre 1942 erhielt er ein Extraordinariat und im Jahre 1959 erfolgte die Ernennung zum Ordinarius für Radiologie. Während des Krieges wurde das Institut zerstört. Ein Teil der Arbeiten konnte jedoch am Bodensee weitergeführt werden. Hier ist es dann Hanns Langendorff in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern anderer Fachgebiete gelungen, das Heiligenberg-Institut für Experimentelle Biologie zu schaffen, das durch seine Arbeiten bald internationales Ansehen erlangte. Seinem energischen Einsatz war es zuzuschreiben, dass in den fünfziger Jahren das Radiologische Institut der Universität Freiburg neu erbaut wurde. Hier folgten Jahre fruchtbarer Forschungsarbeit, an der auch seine Gattin, Frau Dr. Margarethe Langendorff, starken Anteil hatte.

Hanns Langendorff hat seine Forschungsarbeit nie in einem Elfenbeinturm betrieben. Er war bemüht, wissenschaftliche Erkenntnis auch in die Praxis umzusetzen. Dazu gehörten Untersuchungen über die Strahlentherapie der Krebsbehandlung und Untersuchungen zum Strahlenschutz. Ferner war Hanns Langendorff in einer ganzen Reihe von Kommissionen tätig, z. B. in der deutschen Atomenergie-Kommission, im deutschen Normenausschuss, bei der Euratom und in der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern. Er war Mitherausgeber einschlägiger Zeitschriften wie der "Atomkernenergie", dem "International Journal of Radiation Biology", der "Röntgenblätter" und nicht zuletzt der "Strahlentherapie".

Seine wissenschaftlichen Erfolge und seine Einsatzbereitschaft für öffentliche Aufgaben haben Hanns Langendorff zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen eingetragen. Von diesen seien einige hier hervorgehoben. lm Jahre 1963 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Philipps-Universität in Marburg. Er war Ehrenmitglied der Deutschen Röntgengesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Biophysik und der Japanischen Radiologischen Gesellschaft. Im Jahre 1971 wurde ihm das Grosse Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Den Höhepunkt der Ehrungen erlebte Hanns Langendorff im Jahre 1960, als er nach einer Privataudienz bei dem Kaiser von Japan Ehrenbürger von Tokio wurde und das Wappen der Medizinischen Fakultät der Universität Tokio erhielt.

Es entsprach der Lebensweise von Hanns Langendorff, dass er bis zum letzten Tag seines Lebens wissenschaftlich aktiv tätig war. Auch nach seiner Emeritierung gab er sich mit geistiger Frische und der ihm eigentümlichen Energie der wissenschaftlichen Forschung hin. So entwickelte er selbst in dieser Zeit neue Impulse und interessierte junge Wissenschaftler, diese Ideen aufzunehmen. Für seine Freunde und Schüler ging dieser Mann viel zu früh. Die deutsche Strahlenbiologie verliert in Hanns Langendorff eine faszinierende Persönlichkeit, die dieses Fachgebiet geprägt und ihm zur internationalen Anerkennung verholfen hat.

Christian Streffer, Hans Mönig

Quelle (Text): Prof. Dr. phil. nat. Dr. med. h.c. Hanns Langendorff, Strahlentherapie (heute Strahlentherapie und Onkologie), 1974 Band 1, S.106-107. © Urban&Vogel (mit freundlicher Genehmigung).
Quelle (Photo): Jubliläumsschrift 1964-1989 der SGSMP.
Anmerkung: Der Koautor, Prof. Dr. Christian Streffer, ist selbst Ehrenmitglied der SGSMP.

top of page Diese Seite wird von Wolf Seelentag betreut, letzte Bearbeitung 30 Juni 2006.
Senden Sie Kommentare und/oder Ergänzungen bitte an den Webmaster SGSMP.